Freundschaft. Sie kommt. Sie geht. Und manchmal bleibt sie für immer
Wir reden so gern von Female Empowerment. Von Women Support Women, Sisterhood, von starken Frauen, die sich gegenseitig aufrichten, halten, feiern.
Wir posten Zitate über weibliche Energie, wir teilen Reels mit Umarmungen in Pastelltönen, wir nennen uns „Besties“ und „Soulmates“. Und manchmal stimmt das auch alles.
Aber manchmal eben auch nicht.
Frauenfreundschaften – sie können das Schönste sein. Und das Schmerzhafteste.
Denn sie sind nicht nur wie Liebe ohne Sex, sondern oft auch Krieg ohne Waffen.
Ich bin keine Frau, die mit „den Mädels“ im Partnerlook auf Ibiza tanzt.
Ich bin ganz klar keine Frau, die sich über Männer definieren muss oder über gar ihre Kinder. Klar, ich habe auch keine.
Ich bin eine, die denkt, fühlt, träumt, hinterfragt. Und genau das war in vielen Frauenrunden oft zu viel.
Frauenfreundschaften sind kompliziert, weil wir es selbst sind.
Wir sind nicht eindimensional. Wir haben Narben, Geschichten, Unsicherheiten, Ambitionen. Und wir tragen sie – sichtbar oder unsichtbar – in jede Beziehung.
Freundschaften zwischen Frauen sind oft tief, intensiv und impulsiv.
Aber genau diese Nähe macht sie anfällig. Für Vergleich. Für Projektionen. Für Erwartungen, die unausgesprochen bleiben – und dann wie eine tickende Zeitbombe im Raum stehen.
Ich habe Frauen bewundert, die mir später den Rücken zugekehrt haben.
Ich habe Freundinnen getröstet, die danach nie wieder angerufen haben.
Ich habe Nachrichten geschrieben, die nie beantwortet wurden.
Und ich habe geschwiegen, weil ich gemerkt habe: Hier kämpft nicht nur jemand mit mir – sondern auch gegen mich.
Es geht nicht um Neid. Es geht um Identität
Frauenfreundschaften scheitern selten an großen Dingen. Sie scheitern an kleinen Verschiebungen.
Du veränderst dich.
Du wirst mutiger.
Erfolgreicher. Selbstbewusster.
Und plötzlich bist du nicht mehr die, die sie kannten.
Du passt nicht mehr ins gemeinsame Narrativ. Und statt dich zu feiern, ziehen sie sich zurück – oder sticheln.
Die „Ich gönn’s dir ja, aber…“-Freundinnen.
Die „Früher warst du noch anders“-Typen.
Die leisen Sabotagen, die sich als Sorge tarnen.
Was viele nicht verstehen: Eine echte Freundschaft muss Veränderung aushalten.
Sie muss Platz lassen für Wachstum, für Wandel, für Phasen. Aber viele Frauen verwechseln Nähe mit Kontrolle. Und sobald du dich rausbewegst, wirst du zur Bedrohung.
Weibliche Freundschaft braucht Reife
Nicht jede Frau kann mit der Klarheit umgehen, die wahre Nähe braucht. Mit Ehrlichkeit, die manchmal wehtut. Mit Gesprächen, die nicht nur nett sind, sondern wahr.
Viele Beziehungen bleiben in dieser safe zone aus Nettigkeit, wo man lieber nichts sagt, als etwas Echtes zu riskieren.
Aber das ist keine Freundschaft. Das ist Beziehungsverwaltung.
Ich hatte Freundinnen, mit denen ich Wein getrunken habe, gelacht, geweint, gelästert, geflucht und alles zusammen.
Und trotzdem habe ich irgendwann gespürt: Das reicht nicht. Wenn da kein gegenseitiger Blick mehr ist. Wenn man sich nicht mehr sieht, sondern nur noch spürt, dass da etwas nicht stimmt – dann ist es Zeit, loszulassen. Auch wenn es wehtut.
Nicht jede Frau ist deine Schwester.
Das war eine bittere Erkenntnis. Denn ich wollte an das Gute glauben.
An diese große, weibliche Solidarität. Aber ich musste lernen: Nicht jede, die lächelt, meint es gut mit dir.
Nicht jede, die dir zuhört, hört wirklich hin. Und nicht jede, die bei dir ist, ist für dich da.
Frauen können eifersüchtig sein, neidisch, hart, verletzend.
Nicht, weil sie schlecht sind.
Sondern weil sie verletzt sind.
Weil sie sich selbst klein fühlen.
Und weil sie nicht gelernt haben, dass Größe nichts ist, was anderen etwas wegnimmt.
Ich habe aufgehört, mir Freundschaften schönzureden.
Ich habe gelernt, zu unterscheiden zwischen Nähe und Abhängigkeit.
Zwischen Liebe und Loyalität.
Zwischen alten Geschichten und neuen Wegen.
Und dann… gab es sie doch.
Die echten Freundinnen.
Die, die nicht wanken, wenn du glänzt.
Die, die dir sagen, wenn du wieder mal Scheiße baust – und dich trotzdem lieben.
Die, die dich wachsen sehen wollen, weil sie wissen: Dein Licht nimmt ihnen keins.
Diese Frauen – sie sind rar.
Aber sie sind Gold.
Man erkennt sie nicht an ihrer Lautstärke, sondern an ihrer Konstanz.
An den Nachrichten, wenn du fällst.
An der Stille, die nicht leer ist, sondern getragen.
An dem Gefühl, dass du dich zeigen darfst – ganz.
Ich glaube an Frauenfreundschaft.
Aber nicht an jede.
Ich glaube an Tiefe, an Austausch, an Entwicklung.
Ich glaube an Freundschaft, die auf Freiheit basiert – nicht auf Pflicht.
Ich glaube an Frauen, die sich gegenseitig halten, ohne sich festzuhalten.
Und ich glaube daran, dass wir lernen dürfen, zwischen liebevoll und lieb sein zu unterscheiden.
Es ist okay, Kontakte zu verlieren.
Es ist okay, loszulassen.
Es ist okay, zu sagen: Diese Freundschaft war wichtig. Aber sie ist vorbei.
Nicht aus Hass. Sondern aus Klarheit.
Denn am Ende ist Freundschaft keine Lebensversicherung.
Es ist eine Wahl.
Jeden Tag neu.
Und ich wähle ab jetzt anders.
Ich wähle Frauen, die mich nicht brauchen – aber wollen.
Ich wähle Gespräche, die nicht nur unterhalten, sondern berühren.
Ich wähle Freundschaften, in denen wir nicht gleich sind – aber gleichwertig.
Und ich wähle Nähe, die nicht eng macht – sondern weit.
Das hier ist für alle, die Freundschaften verloren haben – und trotzdem weiter an Verbindung glauben.
Für alle, die verletzt wurden – und trotzdem nicht hart geworden sind.
Für alle, die den Schmerz gespürt haben – und daraus Wahrheit gemacht haben.
Ihr seid nicht falsch.
Ihr seid nicht schwierig.
Ihr seid nicht zu viel.
Ihr seid einfach nur echt.
Und das ist selten. Und wunderschön.
Marlis
für Karins Schwester
Hallo liebe Marlis, dein Beitrag ist fantastisch und er spiegelt eine/deine Ehrlichkeit, die ich persönlich sehr liebe. Sogenannte Freunde habe ich schon seit langem ziehen lassen, ich habe gespürt das es einfach nicht mehr passt und ja, es verursachte ziemlichen HerzSchmerz 😢. Jetzt habe ich ein paar gute Freundinnen und die Schmarotzer Merken es ziemlich schnell, dass ich kein Interesse daran habe!!! Bussi 💋
Liebste Marlis,
jetzt endlich lese ich Deinen Blog.
Ich bin absolut begeistert.
So klar und erleuchtend. Großartig!!!
Ich bin 100% bei Dir!!!
Herzliche Grüße aus Berlin und eine ganz feste Umarmung
Birka
Hi Marlis,
Es ist unglaublich, wie messerscharf und pointiert Du imstande bist, Dinge auf den Punkt zu bringen. Und obwohl ich als „Bruder“ ja nie direkt angesprochen oder gar Thema bin, so fühle ich mich doch immer wieder von Deinen Beiträgen berührt, entlarvt und oft auch bestätigt. Bestätigt, weil Deine Beiträge zeigen, dass es oft kein Wunder ist, wenn Männer so manches an Frauen nicht verstehen und so vieles an Frauen so lieben. Und zum letzten Beitrag nur so viel, bei uns Brüdern ist es im Grunde nicht viel anders mit den Freunden, wir tragen es vielleicht nur anders aus. Und die Freunde, die die – Entschuldigung für die Wortwahl – Eier haben, einem Freund auch mal den Spiegel vorzuhalten, wenn er es braucht, sind rar, aber dann meist für Leben.
Freue mich auf Montag!
Bruder Stefan
Hinterlassen Sie einen Kommentar