MTV ist tot. Und ein Stück von mir gleich mit.
Ich weiß gar nicht, wann ich zum letzten Mal MTV gesehen habe.
Aber ich weiß genau, wie es sich angefühlt hat.
Dieses Flackern im Zimmer, das leise Surren des Fernsehers, das Rauschen zwischen zwei Songs – und dieses unbeschreibliche Gefühl, dass man gerade Zeugin von etwas Größerem ist.
Jetzt ist MTV tot. 1981–2025.
Und es fühlt sich an, als hätte jemand eine Tür zugemacht, durch die wir alle einmal geträumt haben.
MTV war für mich kein Fernsehsender. Es war eine Eintrittskarte in eine Welt, in der alles möglich schien.
Eine Welt, in der Musik Bilder bekam, Mode Haltung hatte und alles vibrierte, weil es neu war, wild war, anders war.
Ich erinnere mich an Stunden voller Sehnsucht vor dem Bildschirm, an die ersten Akkorde, die ersten Videoclips, an das Gefühl, dass Stil etwas mit Mut zu tun hat – nicht mit Geld.
MTV war der erste Ort, an dem ich verstanden habe, was Ästhetik bewirken kann.
Wie Musik Menschen verändern kann.
Wie ein Outfit, ein Blick, ein Songtext eine ganze Generation definieren konnte.
Und irgendwo dazwischen – zwischen Madonna und Nirvana, zwischen Missy Elliott und No Doubt – habe ich gelernt, wer ich sein will.
Nicht perfekt, aber echt.
Nicht leise, sondern laut.
Nicht angepasst, sondern eigen.
Vielleicht hat MTV mir mehr beigebracht als jede Schule:
Wie man auffällt, ohne sich zu verstellen.
Wie man provoziert, ohne zu verletzen.
Wie man Schönheit als Sprache benutzt – und Stil als Haltung.
Heute scrollen wir durch austauschbare Clips, perfekt gefiltert, seelenlos und steril.
Und ich denke mir: Wir hatten mehr Mut, weil wir weniger Kontrolle hatten.
Wir haben auf Musikvideos gewartet, nicht auf Bestätigung.
Wir haben gefühlt, nicht performt.
Wenn ich heute in meinem Store stehe, Musik an, Neonlicht an, und jemand bleibt kurz stehen, weil irgendetwas vibriert – dann weiß ich: Dieses Gefühl lebt noch.
Vielleicht ist Karins Schwester genau das: mein persönliches MTV.
Ein Ort, an dem Lautsein erlaubt ist.
An dem Farbe rebellisch ist.
An dem Stil wieder Spaß macht, weil er echt ist.
MTV war die Schule des Andersseins.
Und vielleicht sind wir alle seine Schüler geblieben – mit Herzklopfen, Eigensinn und einem Rest Glitzer im Blut.
Also ja, MTV ist tot.
Aber wer einmal dieses Rauschen gespürt hat, dieses elektrische Kribbeln zwischen zwei Songs, der weiß: So etwas verschwindet nicht.
Es verwandelt sich.
In Haltung.
In Erinnerung.
In das, was wir heute sind.
Rest in Pop.
1981–2025.
Danke, MTV – für Mut, Melancholie und das Gefühl, dass die Welt ein bisschen schöner ist, wenn sie laut ist.
Dein ewiger Fan
Marlis für Karins Schwester
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