Gedanken über Fake-Taschen, Funktionskleidung und den Verlust des weiblichen Stilgefühls

Wir gehen jetzt mal zusammen durch eine Stadt.

Irgendeine Stadt. 
Das kann Warnemünde, Freiburg, Passau, Berchtesgaden oder Frankfurt sein.

Egal. Eben einfach nur durch eine deutsche Stadt.

Ich gehe also durch die Stadt – nicht, um aufzufallen.

Aber ich falle auf. 

Weil ich mich nicht 
aufgegeben habe.
Weil ich mich noch kleide.
Weil ich mich ernst nehme. Und das irritiert sie – die anderen.

Mein italienischer Schuh spricht, noch bevor ich es tue.

Meine limitierte Tasche? Kein
großes Logo. Aber jede Frau, die mal echte Qualität in der Hand hatte, spürt sofort: Das ist kein Zufall.

Und die Brosche? Ein kleines Kunstwerk, das ich nicht poste – sondern trage.

Und dann kommen sie.
Die Blicke.
Erst verstohlen.
Dann unverschämt.
Und irgendwann so offensichtlich, dass ich mich fast verbeugen möchte.

Ich sehe, wie ihre Augen meine Tasche scannen – in der Hoffnung, einen Makel zu entdecken. Und wie sie im gleichen Atemzug ihre *offensichtlich gefälschte LV* fester umklammern, als würde das helfen.

Ich sage es, wie es ist: Man sieht es. Immer. 

Die Henkel? Plastik.
Die Nähte? Schief. 
Das Monogramm? Ein Witz.
Die Tasche selbst? Eine Katastrophe mit Reißverschluss.

Und das Tragische ist nicht nur, wie erbärmlich diese Fakes aussehen – das Tragische ist, dass diese Frauen glauben, sie kämen damit durch.
Dass niemand merkt, dass sie
sich selbst belügen. Sie tun so, als hätten sie Stil. Dabei haben sie nur einen Lieferschein aus Fernost am Arm.

Wir leben in einer Zeit, in der Frauen stolz auf das sind, was sie nicht sind.

Sie tragen
billige Kopien, weil sie denken, sie imitieren damit Klasse. Aber Klasse lässt sich nicht faken. Man hat sie – oder man hat sie halt nicht.

Und wenn ich mir anschaue, wie sie heute rumlaufen – dann haben sie sie nicht.

Jogginganzüge in traurigem Mausgrau, Hoodies mit Kalendersprüchen, Leggings, die nichts mehr halten müssen, außer Ausreden.

Ich frage mich:

Wann ist das passiert?

Wann hat das Weibliche kapituliert? 

Wann wurde
es zu viel, sich schön zu machen?

Wann wurde es verpönt, stolz zu sein – auf einen Körper, auf eine Haltung, auf ein Outfit, das nicht schreit, aber wirkt?

Und dann kommt der absolute Endgegner: Urlaub.

Sobald sie den Koffer packen, werfen viele Frauen offenbar auch jedes Gespür für Ästhetik über Bord. Da wird auf einmal Funktionskleidung zum Lifestyle erhoben – als sei Venedig ein Hochgebirgspass.

Ich sehe Trekkingschuhe in römischen Cafés.

Fleecejacken in Paris.

Und diese grauenhaften Zipp-Off-Hosen in Florenz – als müsste man jederzeit mit einer plötzlichen Alpenüberquerung zwischen Aperol und Apothekenmuseum rechnen.

Es ist nicht nur absurd. Es ist würdelos.

Ich frage mich:

Was ist aus der Lust geworden, sich zu zeigen?

Aus dem Stolz, eine Frau zu sein?

Wann hat man beschlossen, dass Weiblichkeit ein Risiko ist und Bequemlichkeit die Lösung?

Ich trage keine Outdoor-Sandalen.

Ich trage keine „Funktionsbluse“. 

Ich trage Kleidung, die einen Raum verändern kann.

Ich trage Eleganz – nicht, weil ich muss. Sondern weil ich kann.

Und ja, ich weiß, was sie denken, wenn sie mich sehen. Sie denken: „Was will die hier?“

Und ich denke: „Ich. Bin. Der. Kontrast.“

Denn ich sehe sie – diese Frauen in ihren Fake-Bags, den schlaffen Sneakern, den Outfits, die sie wie eine ständige Entschuldigung mit sich herumtragen.

Und ich weiß:

Die schauen nicht, weil sie es schön finden.

Sie schauen, weil sie spüren, dass sie irgendwo auf dem Weg verloren haben, worauf es wirklich ankommt.

Klasse ist keine Frage des Geldes.
Sondern des Anspruchs.

Und wer sich selbst für 4,99 Euro ausstattet, kommuniziert ganz klar, was sie von sich selbst hält.

Ich halte mehr von mir.

Ich bin Marlis. Ich bin Karins Schwester.

Ich bin overdressed – für eure Maßstäbe.

Und ich bin vollkommen in Ordnung damit.

Wenn ihr mich also das nächste Mal wieder so gierig anstarrt: Schaut ruhig.

Vielleicht
begreift ihr irgendwann, dass man Stil nicht kaufen kann.

Vor allem nicht bei Temu.

Marlis

für Karins Schwester 


3 Kommentare


  • Silvia

    Liebe Marlis,
    Wieder einmal sprichst du es aus!
    Was ist nur aus vielen Frauen geworden?? Das frage ich mich auch sehr oft.
    Wir leben ja in einer Zeit in der wir nicht werten sollten. Ich gebe wirklich mein Bestes, aber so manches Mal mach ich mir dann doch Gedanken, über Trekkingsandalen incl Hornhaut über Kleidungsstile bzw. eben keinen Stil, gefakte Taschen usw.
    Wir waren vergangenes Jahr in der Nähe von Berchtesgaden, natürlich war ich bei Dir.
    Eine kleine Wanderung gab’s auch , in Sandalen ohne Trekking und im Sommerkleid
    Die Blicke…. Herrlich und unbezahlbar
    Herzliche Grüße
    Silvia


  • Aga

    Ich kam vor 30 Jahren wg einer Liebe aus Polen nach Deutschland…. schon damals waren Birkenstock, schlaber- Pulli, graue Farbe das was die Frauen in Deutschland getragen haben. Ich musste mir soviel anhören und Blicke ertragen als ich mit Stöckelschuhe meine Kinder zum Kindergarten gebracht habe oder einkaufen war. Auch heute muss ich mich erklären, warum ich keine Regen-Funktion -Jacke habe oder Wanderhose…. tja…..
    Weil ich so bin. Und deshalb liebe ich Karinsschwester zu sein…..


  • Moni Klimm

    Hallo Marlis,
    Wie immer auf den Punkt gebracht ! Genauso geht’s mir auch ! Aber ich mache auch manchmal “buhhh” wenn sie zu sehr glotzen – hahahaha das gibt immer einen Überraschungsmoment 🤣
    Wir sind oft mit unserem Sprinter in Italien weil wir Arbeiten uns Ware holen
    – wer sagt dass man da kein Kleid anhaben kann – die Blicke wenn man runterklettert vom erhobenen Sitz am autogrill sind unbezahlbar !,
    Es grüßt dich aus dem Allgäu Moni


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